2014 Spreelauf (Etappe 1-3)

Was wir hinter uns haben
 
Mit freundlicher Genehmigung von Jan Straub:
So sieht ein Ultra aus, unser Stefan!!!
Mit Glück konnte ich mich letzten Dezember noch für Ingo Schulze's Neuauflage des Spreelaufs, von der Mündung in Berlin-Spandau bis an die Quelle in Walddorf-Eibau in Sachsen, anmelden. Ja, genau, der Ingo Schulze, der unter anderem auch die Deutschlandläufe und die bisherigen Transeuropaläufe organisiert hat (und daher auch in einschlägigen Kreisen bekannt ist). Und einige Läufer kennen ja vielleicht den Film "I want to run", der acht Läufer beim Transeuropalauf 2009 porträtiert???

OK, in solchen Dimensionen dachte ich doch nicht, aber mit dem Spreelauf, 400km an 6 Tagen, wollte ich mal wieder Grenzen austesten und erhielt nach der Anmeldung von Ingo regelmäßig Updates per E-Mail, zu der Strecke, der Organisation, Verhalten im Straßenverkehr, usw. Neben dem Vorbreitungstraining und der Teilnahme an entsprechenden Läufen las ich auch noch zwei von Ingos Büchern über die Transeuropaläufe. Und dann waren da auch noch die sportmedizinischen Studien, die im Rahmen des Transeuropalaufes 2009 gemacht wurden (mit dabei damals war ein Ärzteteam und ein mobiles MRT!).

Wie gesagt, das waren läuferisch doch ganz andere Dimensionen. Aber schon mit meiner Teilnahme an dem Spreelauf würde ich wohl an meine Grenzen kommen, zumindest im Hinblick darauf, welche Strecken ich in der Vergangenheit gelaufen bin. Mit Spannung reiste ich am Samstag, den 23.8., nach Berlin-Spandau. Dort, wo die Spree in die Havel mündete, wurde der Lauf gestartet.

Organisator Ingo Schulze beim Läuferbriefing
Dort waren wir in einer Turnhalle nicht weit vom Start, untergebracht. Aber sowohl die Unterbringung als auch die (ausgezeichnete!) Verpflegung, welche durch das Rote Kreuz geliefert wurde, erweckte in mir die Assoziation einer Katastrophensituation ;) Aber es ergab sich auch eine interessante Atmosphäre, die ich so bei anderen Läufen noch nicht erlebt hatte.

Abendessen im Läuferlager

An der Spreemündung in Berlin-Spandau
Neben einem ausführlichen Läuferbriefing durch Ingo am Vorabend, und einem Grußwort von Jörg Stutzke (Präsident der Deutschen Ultramarathon Vereinigung e. V.) blieb noch die Grußrede vom Spandauer Bezirksstadtrat für Jugend, Sport und Kultur, Gerhard Hanke, kurz vor dem Start am Lindenufer in Spandau.
50 Läuferinnen und Läufer am Start
Ich hatte mir im Vorfeld auch eine laminierte Karte des Spreeradweges besorgt, und die (zum Teil vom Radweg abweichende) Laufstrecke mit den Verpflegungspunkten sowie Adressen der Ziele, meistens eben Turnhallen, aber auch eine Jugendherberge oder ein Skiheim, mit wasserfesten Stiften eingetragen, so dass ich unterwegs alle wesentlichen Informationen in einem Dokument hatte. Wieder einmal haben sich die Landkarten von Publicpress für diesen Zweck bewährt.

Immer den orangenen Pfeilen entlang
Ich hatte mir aber wohl zu viele Sorgen gemacht. Die Strecke war hervorragend mit orangefarbenen Pfeilen gekennzeichnet, zum Teil auch zusätzlich mit roten Kreidepfeilen auf dem Asphalt. Schon bald bekam ich einen Blick dafür, und konnte so ohne Verzögerungen laufen.
 
Grünes Berlin
Alle 8 bis 10km gab es Verpflegungspunkte, der erste an der Straße des 17. Juni in Berlin. Insgesamt war ich von der Strecke innerhalb Berlins postiv überrascht, sie war überrwiegend grün, passierte aber Sehenswürdigkeiten wie das Brandenburger Tor und den Checkpoint Charlie, auch die Verzögerungen durch Fußgängerampeln und dergleichen hielten sich in Grenzen.
Viele Sehenswürdigkeiten von Berlin lagen an der Strecke
Es läuft gut "Unter den Linden"

Verpflegungspunkt im Berliner Plänterwald
Es folgten noch sehr schöne Streckenabschnitte durch den Plänterwald, Köpenick und an den Müggelseen vorbei, bis das Ziel in Neu-Zittau erreicht war. Für die 51,5km hatte ich 6 Stunden 12 Minuten benötigt.
Die Unterbringung erfolgte wieder in einer Turnhalle. Nur später erfuhr ich, warum wir nur kaltes Wasser zum Duschen hatten: Der Hausmeister wußte nicht Bescheid über unser Kommen, und da die Sommerferien in Brandenburg gerade erst zu Ende gingen, war die Heizung komplett noch abgestellt.
 
Daheim wäre ein schönes Bett...

Nicht nur Kohlehydrate müssen wieder aufgeladen werden...
Dafür wartete in der nahegelengen Gaststätte "Zur Gemütlichkeit" das Abendessen auf uns! Dort gab es morgens auch wieder Frühstück, und um 4 Uhr war die Nacht vorbei und Ingo schaltete das charmante Licht der Neonröhren in der Halle ein...
Morgenstimmung in Brandenburg
Die heutige Etappe ging von Neu-Zittau nach Beeskow und umfasste damit gut 65,5 Kilometer. Die richtig langen Etappen würden erst noch kommen! Gigantisch schön war der Sonnenaufgang über dem Frühnebel, der das Land bedeckte. Die ersten zwei Verpflegungspunkte waren auch wieder schnell erreicht, und der Ogranisator schaute nach seinen Schäfchen.

Nach 3 Stunden überholte mich der Erstplatzierte, der mit den Schnellen ja erst um 7 Uhr in der 2. Gruppe startete. Wahnsinn, er benötigte für die Strecke, die ich zurückgelegt hatte, nur 2 Stunden... Und die ersten beiden Etappen lief er im Schnitt von 4:45 Minuten pro Kilometer (rund 13,5km/h)!!!

Die Stadtmusikanten von Fürstenwalde???
Nach einen kilometerlangen Lauf über einen sehr sandigen Waldweg mit dem Namen "Küchengestell" erreichen wir Fürstenwalde, mal wieder eine Abwechslung, in einem richtigen Ort zu sein!
Da merkte, dass im unteren rechten Schienbein etwas schmerzte. Ob es wohl so ein aufziehender Shint Splint sein konnte? Konnte sein! Aber eigentlich war es dafür auch noch zu früh, ich hatte ja schon weitaus längere Strecken und Etappenläufe, auch mit Asphalt, ohne Probleme hinter mich gebracht. Mal sehen, noch hielt sich der Schmerz in Grenzen.

Immerhin: Nach 8:22 h konnte ich de zweite Etappe in Beeskow abschliessen. Übernachtung wieder in einer Turnhalle, aber mit warmen Wasser, und ein üppiges Abendessen wurde in die Halle geliefert!

Ohne Mampf kein Kampf... Und zu Mampfen gab es in Beeskow genug!
Aber es half nichts, im unteren rechten Schienbein tat es weh! Naja, erstmal ruhig stellen, die Nacht abwarten, Einreiben (hatte ja Voltaren dabei). Und naja, von einem Lauffreund, mit dem ich heute zusammen gelaufen war, noch eine Ibu. Ich besaß sowas selber nicht und würde es auch nicht regelmäßig nehmen, war aber doch geboten. Wenn es morgen früh nicht weg war, würde ich den Rettungssanitäter fragen, der mit dabei war und auch schon andere Läufe von Ingo betreut hatte.

Die Nacht hatte ich supergut geschlafen! Insgesamt klappte das besser, als gedacht. Und der Schmerz? War da, aber sehr moderat? Was tun? Half nichts, Sanitäter fragen. Wie befürchtet: War ein Shint Splint, ein Schienbeinkantensyndrom, bei der der Muskel zu sehr an der Knochenhaut reibt und diese sich dadurch entzündet.
Abgeraten, weiterzulaufen, hat er nicht. Heute war die längste Etappe mit 80km. Wenn ich die hätte, würde ich den Rest doch durchstehen, oder??? Also los!

Läufer im Spreewald
Leider war das Wetter durchwachsen, den ganzen Morgen nieselte es! Ich kam gut voran, die ersten 50 Kilometer liefen erstaunlich gut. Vielleicht doch zu gut, vielleicht hätte ich doch langsamer machen sollen? Danach lief nämlich nichts mehr rund.

Brandenburgische Dörfer
Nach dem vorletzten Verpflegungspunkt lief gar nichts mehr! Der Schmerz im Schienbein war zwar auszuhalten, aber doch beständig.
Seitenarm der Spree
Nein, half nichts, es standen noch zwei Etappen von über 70 Kilometern an. Ich hatte keine Lust, mir Schlimmeres zuzuziehen, war aber auch enttäuscht, es nicht zu packen. Aber es machte auch gar keinen Spaß mehr. Ich hatte mich zwar entschlossen, die letzten 15 Kilometer zu gehen und die Sumpflandschaft zu genießen und ein paar Fotos zu machen, aber nun war ich eben doch auch sehr sehr langsam unterwegs, und machte kaum Strecke.
Sumpflandschaft bei Lübbenau
Von den Läufern, die mich überholten, bekam ich viele Geschichten zum Thema Shint Splint zu hören. Da hatten wohl die meisten schon darunter zu leiden gehabt, haben Läufe deswegen abgebrochen, oder sind gegen die Schmerzen angelaufen.
 
"Der Herr ist mein Hirte", da herrscht kein Mangel,
besonders, weil der letzte VP durch den Pastor Uli Schulte
aus Schwanewede betreut wird!
OK, bis zur Spreequelle schaffe ich es diesmal nicht...
Nach über 12 Stunden habe ich dann doch gefinisht, und der Sani hatte unterwegs auch ein paar Mal nach mir gesehen. Aber es ging gar nichts mehr! Echt schade! Der Sani verarztete mich nach dem Duschen (warm!) vorbildlich, ich legte meinen Fuß hoch, und bewegte mich gar nicht mehr. Da man zum Abendessen 800m weit gehen musste, bekam ich von Ingo höchstpersönlich in der Turnhalle das Abendessen serviert. Auch eine Art Auszeichnung, auf die ich allerdings gerne verzichtet hätte. Aber da zeigten sich auch die Qualitäten des Veranstalters, wie er sich kümmerte, wenn es bei einem Läufer eben nicht so lief.

Aber es half wirklich nichts. Das einzige, was gegen einen Shint Splint wirklich hilft, ist Ruhe! Und die würde ich auf den nächsten 3 Etappen (die zwei nächsten jeweils um die 70km) nicht bekommen. Die ersten 30 bis 40 Kilometer würden vielleicht noch gehen, aber dann? Nein, geht einfach nicht! Also: Bevor ich irgendwo unterwegs nicht mehr konnte und ich irgendwo aufgelesen werden musste, musste ich abbrechen! Schade! Superschade!!! Aber wenn man an die Grenzen geht, muss man mal auch einstecken können, dass man vielleicht schon drüber war.

Aber es waren trotzdem 3 schöne Tage an der Spree!!! Gerne wieder! Ohne den Shint Splint, natürlich. Und nun: Ursachenforschung betreiben, Laufgymnastik und Stabilisationstraining wieder ernster nehmen, mal sehen, man lernt nie aus. Und sicherheitshalber auch in Bremen zum Doc! Ausruhen, Verletzung ganz abklingen lassen, und dann mal sehen :)

PS: Als ich gerade diesen Post schreibe, sehe ich, dass heute (Freitag, 29.8.) zur letzten Etappe des Spreelaufes von den anfänglich 50 Teilnehmern nur 39 gestartet sind. Ein Hinweis darauf, dass sowas doch kein Zuckerschlecken ist, aber eben auch, dass die meisten Ultraläufer auch wissen, wann Schluss ist. Leider hat Ingo nun auch wieder bestätigt, dass dies sein letzter Lauf gewesen sei, den er organisiert hat. Fände ich sehr schade!!! Aber irgendwie habe ich noch niemanden in Ultraläuferkreisen getroffen, der ihm diese Aussage auch tatsächlich abnimmt... :)

Links zum Spreelauf
Berichte von Ingo

Stefan