Was wir hinter uns haben
12er 24-Stunden Burginsellauf Delmenhorst
Wir haben zwei hervorragende Berichte über diese Laufveranstaltung, zunächst der Bericht von Stefan und an dessen Ende folgt der Bericht von Ulli! Beide sind sehr lesenswert!!!
Stefan S.:
Wieder ein Jahr vorbei und wieder nichts gelernt. Die Mühen und Qualen des 24-Stunden Burginsellaufes 2014 nach ein paar Monaten wieder vergessen, musste ich mich schon wieder für die 12. Ausgabe im Jahr 2015 anmelden. Und damit nicht genug! Ich musste dazu noch meinen Laufkollegen Ulli Z. mit anstacheln, selbiges zu tun. Und schliesslich gab er auch nach und stellte sich der Herausforderung.
Aber eins nach dem anderen. 24-Stunden-Lauf, was soll das sein????
Ganz einfach: Man läuft innerhalb von 24h wie man will, und der, der dabei am meisten Kilometer zurückgelegt hat, hat gewonnen! Praktischerweise wird das oft auf einer Laufrunde ausgetragen, so dass man die gleiche Runde immer und immer wieder abläuft, und der Veranstalter dabei die zurückgelegten Runden zählt, und damit recht einfach auf die gelaufenen Kilometer kommt. Noch ein Vorteil ist, dass man in dieser Runde immer wieder auch an einer Verpflegungsstelle, Sanitäranlagen, und auch dem Zelt des Roten Kreuzes vorbeikommt.
Ja, vor dem Lauf geht's allen gut! |
So weit gilt das auch in Delmenhorst. Rund 150 Einzelläufer wollten die 24 Stunden auf der 1.205m langen Runde laufen, noch dazu Laufstaffeln, die sich die 24h im Team teilten. Das ganze am Park an der Burginsel.
Morgens baute ich noch, wie viele andere Einzelläufer auch, mein Zelt auf, um mich für den Fall des Falles etwas zurückziehen und schlafen zu können, Ulli wollte als Plan B in der Nacht eventuell im Auto ein Auge zudrücken. Wie letztes Jahr auch schon, hatten wir uns ausgefeilte Pläne überlegt, wie wir mögichst viele Kilometer in den 24h zurücklegen würden. Ulli hatte einen Plan mit regelmäßigen Pausen, ich einen Plan auf Stundenbasis mit einer kurzen Pause alle 3 Stunden und einer ständig sinkenden Durchschnittsgeschwindigkeit bis hin zum Wandertempo von 5km/h in den letzten Stunden, und auf jeden Fall wollten wir eben einfach besser sein als letztes Jahr!
Das Läuferfeld an der Äußeren Grafte |
Die ersten 6 Stunden liefen soweit nach Plan. Das Wetter war bedeckt, trocken und nicht zu warm, praktisch ideale Bedingungen. Viele Ultrafreunde waren mit im Starterfeld, von den Ultrafriesen zu den Ha-We und Günter aus Osnabrück oder "Ultrakönig" Jörg aus Stade, der schliesslich auch 2. seiner Altersklasse M65 wurde (und dann auch immer noch mehr Kilometer geschafft hat als ich!!!)
Legendär ist die Verpflegung der Einzelläufer beim Burginsellauf |
Denke mal, so langsam hat sich mein Running Gag, ich wolle nicht laufen, ich komme nur wegen der Verpflegung, abgenutzt, aber beim Burginsellauf Delmenhorst lohnte es sich auch deswegen zu kommen.
Ups, da kommt Uli! |
Etwas irritiert hat mich doch Ulli. Letztes Jahr war er die 24h "nur" gehend unterwegs und man sah sich regelmäßig, schnackte ein wenig, und überholte dann. Diesmal sah ich ihn, wohl weil wir oft ein ähnliches Tempo hatten, lange Zeit nicht, aber dann doch immer wieder, wenn er dann nach geschafften 10 Runden eine Pause im Sitzen einlegte.
Immer wieder gab es Programmeinlagen! |
Die Veranstalter hatten auch neben dem Lauf ein umfangreiches Programm auf die Beine gestellt. Es spielten diverse Bands, eine Trommelgruppe direkt an der Strecke, um 22:45 Uhr gab es ein schönes Feuerwerk, und Nachts dann am Lagerfeuer ebenfalls Musik. Helene F. wurde nicht bemüht, allerdings gab es doch auch ein paar Musikbeiträge zum Davonlaufen. So eine Medley aus "Im Wagen vor mir...." und "Last Christmas"! Wie geht das denn???
Was für eine entspannte Position! |
Kleine Pause |
Besuch entlang der Strecke |
Ja, damals, da war ich so down, dass ich fast den nächsten Zug nach Bremen genommen hätte. Und genau zwei Dinge durften mir heute nicht passieren: Ich dufte nicht hungrig werden, aber dafür war gesorgt, und ich durfte auch nicht stinkich werden und mich, wenn es nicht so lief, herunterziehen lassen. So ein Punkt kam nach 7 oder 8 Stunden, als ich merkte, dass ich meinen ursprünglichen Plan aufgeben musste, weil ich doch das vorgesehene Tempo nicht auf Dauer laufen konnte. Aber was soll's, rechnte kurz hoch und merkte, dass ich auf jeden Fall, auch wenn ich nun nur noch lief, mein Ergebnis aus dem letzten Jahr locker verbessern könnte. Also weiter ging's, wenn eben auch nicht so schnell.
Zumindest baute mich auch das Abendessen auf: Pasta mit leckerer Tomatensoße (unter anderem, aber habe nur das gegessen). Und das auch noch al dente, und nicht weicht gekocht! Haben sie gut hinbekommen!!! Ich war aber diesmal schlauer, ich habe einen halben Teller gegessen, bin zwei Runden gelaufen und habe dann noch einen halben Teller gegessen. Zu viel geht da nicht, und wenn man normal ißt, kann es (zumindest bei mir) sein, dass einem das Essen lange ziemlich schwer im Magen liegt. Aber mit der Strategie der halben Portionen bin ich gut gefahren!
Sonntags morgens sind die 125km geschafft! |
Es wurde Nacht, und die Strecke wurde leerer. Viele der 24h Einzelläufer legten sich eben doch hin, war wohl auch vernünftig. Klar, dass Ulli und ich da nicht mitgemacht haben. OK, ich habe immerhin ein paar längere Pausen eingelegt, dann aber schnell gespürt, wie kühl es doch geworden war und wie schnell man frieren konnte. Also besser wieder auf die Strecke!
Gegen Mitternacht hatte ich fast 84 Kilometer zurückgelegt, zwei Kilometer mehr als letztes Jahr um die Zeit. Sehr müde war ich nicht, auch die Muskeln schmerzten wenig, aber der Körper wurde an sich immer kaputter.
Naja, ich machte langsam und brauchte für die Runden noch 12 bis 15 Minuten, weil einfach fast nichts mehr lief. Wenn ich Pausen machen musste, dann eben noch länger. Kurz vor 3 Uhr morgens fiel für mich die 100km Marke, und kurz nach 8.30 Uhr die 125km. Jetzt noch 15 Kilometer, das war doch zu schaffen?!?
Geschafft!!! |
Yup, als dann um 12 Uhr am Sonntag das Nebelhorn tönte,
hatte ich 141,123 Kilometer und damit gut 10km mehr als letztes Jahr
zurückgelegt (22. von 92 Herren). Und Ulli hat sein Vorjahresrgebnis mit 132,441km um über 15km verbessert, und hat sogar noch den 3. Platz in seiner Altersklasse gewonnen!!! Herzlichen Glückwunsch!
Und vielleicht bis nächstes Jahr? Oder sind wir diesmal schlauer? Mal sehen. Auf jeden Fall muß man nüchtern betrachten, dass man (oder zumindest ich) so einen Lauf nicht einfach so laufen kann, und dass solche Distanzen tatsächlich auch eine spezielle Vorbereitung, und Nachbereitung/Regeneration benötigen. So ein paar Tage nach dem Burginsellauf denke ich, dass mir lieber die Ultras durch die Landschaft sind, wo man etwas sieht, sich per Karte und/oder GPS orientieren muss, etc, als dass man da Runde für Runde abspult. Aber andererseits ist die Atmosphäre in Delmenhorst etwas ganz Besonderes, dazu noch das Programm und viele nette Mitläufer, denen man eben rundenbedingt immer wieder begegnet... Mal sehen.
Stefan S. (Gazelle)
Ulli Z.:
Ulli Z.:
Letztes Jahr als Geher, dieses Jahr aus der Sicht eines
Läufers
Es hat laaange gedauert, bis ich wieder "ja"
gesagt habe. Denn so ein 24-Stunden-Lauf geht schon in die Knochen.
Meine Entscheidung, kurz nach dem letztjährigen Lauf:
"NEIN !!!" - ein paar Monate später:
"Nein!" - und noch später: " Nö !?!" - aber dann:
"JA!!!". Ich wollte es nochmal wissen, als Läufer.
Dann doch Zweifel, weil die Achillessehne immer wieder
schmerzte. Kurz vorher bin ich auch noch beim Orthopäden gewesen.
Stefan hat ja schon alles Ausführlich beschrieben.
Ergänzend hier aber noch meine Sicht:
Am 21. Juni 2015 um 12:00 Uhr ging ich - nee, liefen Stefan und
ich los. Erstmal so lange wie möglich im Laufschritt bleiben. Unterstützung
war auch da, meine Tochter Jenny hatte ich als Coach verpflichtet. Nach jeweils 10 Runden hatte ich
regelmäßig Pausen gemacht. Stefan Schell
hatte eine andere Taktik und lag dann schon weit vor mir.
Die Erfahrung zeigte, dass zu lange Pausen
aber nicht gut sind. Die Muskeln wurden kalt und es dauert bis ich wieder im
Rhythmus war. In meiner Altersklasse war ich bis zum Abend auf dem 13 Platz. Bis km 66 war ich im
Laufschritt unterwegs. Dann wechselte
ich den Rhythmus auf laufen und gehen. Die Pausen wurden immer weniger und
kürzer. Gerade in der Nacht war Bewegung angesagt um nicht auszukühlen. Jenny und Klosi, ja die wärmten sich
derweil schön am Lagerfeuer bei guter
Musik auf. Gegen Mitternacht staunte ich nicht schlecht, als ich in meiner AK
auf Platz 6 war. Die letzte große Pause
hatte ich um 5:45 Uhr. Die 100 km waren voll. Schuhe wechseln, Beine einölen und
massieren.
Jetzt hatte ich weitere
Abschnitte vor mir: Meine eigene Distanz vom letzten Jahr (114 km), die 100
Runden voll (120km), Fahne tragen (125 km), dreifach Marathon (126,6 km) und
dann... an mehr mochte ich nicht denken. Aber das war alles möglich und
Motivation genug. Jetzt Zeit / Distanz
hochrechnen und die Geschwindigkeit einstellen. Obwohl die Beine schmerzten,
war an Pausen nicht zu denken. Lieber die Muskeln geschmeidig halten, als bei
Stillstand Krämpfe zu riskieren. Essen und Trinken nur noch im Vorbeigehen. In
der AK jetzt Platz 5. Um 10:55 Uhr mit
Jenny und der "125 km" Fahne eine besondere Runde gelaufen.
Auch Jenny´s Vaddi Ulli hat die 125km geknackt! |
Ja, so sieht Spaß am Laufen aus!!! |
Der Magen
rebellierte. Mit Cola und Kaffee konnte ich ihn
wieder beruhigen. Um 11:05 Uhr hatte ich alle meine Etappenziele erreicht.
Sogar in meiner AK lag ich jetzt auf Platz 4.
Was geht jetzt noch? Wieder
hochgerechnet. Die 130 km könnte ich noch locker schaffen? Die Laufabschnitte
wurden wieder länger, obwohl ich das
Gefühl hatte, dass meine Oberschenkel platzten.
Aber um 11:40 Uhr hatte ich die 130 km erreicht. Jetzt einfach weitermachen.
Die letzten Minuten machen auch keinen Unterschied mehr. "Final Lab"
11:57 Uhr: Alles rein, was geht. Nochmal so richtig aufgedreht. Ich wunderte
mich selber, dass so was noch möglich ist. Dann das Signal, anhalten, Steinsack
fallen lassen und es war vorbei.
Säckchen fallen lassen, das war´s! |
Mit der Restmessung ergab die Gesamtdistanz 132,441 km.
Ich hatte meine Ziele erreicht und noch viel mehr. Aber welchen Platz hatte ich belegt. Darauf hatte ich nicht
mehr geachtet. Um sicher zu sein, blieb ich noch bei der Siegerehrung.
Eigentlich war ich kaputt und wollte nach Hause. Ich maulte rum. Aber meine
Tochter ermahnte mich „Du bleibst jetzt hier!" Abseits, neben der
Wurstbude verkrümelte ich mich auf einem Barhocker. Doch dann wurde mein Name
aufgerufen.
Ulli, 2. von links, hat es auf das "Treppchen" geschafft! |
Ich hatte doch noch den 3. Platz in meiner Altersklasse gemacht.
Das hat mich dann vom genannten Hocker
gehauen. Die Schmerzen waren fast vergessen. Wollte ja eine gute Figur beim
Gang zur Bühne machen. Glückwünsche, Pokal ,Fotos . Das hatte ich vor 24
Stunden nicht erwartet.
Ob ich nächstes Jahr wieder dabei bin? Dazu sage ich jetzt nix!
Ulli Z. (Vaddi)